Wie jedes Jahr startet der Kirchenchor am Samstag schon In aller Herrgottsfrühe um 07.30 Uhr zu seiner Chorreise. Und wie jedes Jahr, musste der Chronist im Laufschritt zum Adlerbrunnen eilen, damit er nicht zu spät komme. Trotz leichtem Nieselregen traf er auf eine gut gelaunte Reiseschar, die schon kurz nach der Abfahrt des Ebnetercars in rege Gespräche vertieft war. Schon auf der Rheintalautobahn zum ersten Reiseziel Chur zeigte sich, dass dieser Ausflug auch zu einer Bildungsreise werden würde.
Oder wusste der geneigte Leser, dass der Hirschensprung bei Rüti früher als Sprachgrenze galt, weil das Bistum Chur und damit die rätoromanische Sprache bis dorthin ins Tal reichte?
In Chur, dem Bischofsitz besuchten wir die Kathedrale und staunten über die vielen Veränderungen, die über die Jahrhunderte vorgenommen wurden. Im Gasthof Marsöl genossen wir zur Pause Kaffee und Gipfeli, der Chronist Doppelkaffee und Doppelgipfeli. Ihm war nicht bewusst, dass im Welschdörfli die ersten Siedlungszeugen der Römer zu bewundern waren, Keramikgeschirr, Schmuck und Werkzeuge. Besonders beeindruckend war der verkohlte Lärchenholzboden, der 2000 Jahre alt ist. Weiter brachte uns der Bus nach Falera.
Natürlich war der Besuch der Kirche St. Remigius Pflicht. Auf dem nachfolgenden Spaziergang genossen wir den Blick über das Tal und verfolgten mit unseren Blicken die Linie, welche von den Menhiren gezeichnet wird. Diese Linie weist im Osten auf den Taminser Calanda, über dem die Sonne am 21. Mai und 21. Juli, also 30 Tage vor und 30 Tage nach der Sommersonnenwende aufgeht. Und im Westen führt die Linie zu den Kirchen von Ladir und Ruschein, an denen sich schon frühzeitliche Kultstätten befanden. Wer so den Lauf des Jahres anhand der Sonnenbeobachtungen abschätzen, Saat- und Erntezeitpunkt optimal wählen konnte, war natürlich mächtig und vielleicht in den Augen der Menschen mit göttlicher Macht gesegnet. Im Restaurant Casa Seeli kehrten wir anschliessend zu einem feinen Mittagessen ein. Als Menue genossen wir Capuns und Pizzokel.
Als nächstes führte uns die Reise dann nach Vella, dem inoffiziellen Hauptort des Val Lumnezia. Eine spezielle Eigenheit machte uns Eindruck. Bei der romanischen Kirche, die an den Turm angebaut war, sollte der Chor vergrößert werden. Da dies wegen des abschüssigen Terrains aber nicht möglich war, drehten die Erbauer die Kirche um 180°. Nun zeigt sie unüblicherweise von West nach Ost, die ehemaligen Absidenfundamente sind noch mit Steinplatten gekennzeichnet. Die Frauen wollten die Drehung aber nicht mitmachen und auf ihrer angestammten Seite sitzen bleiben und nahmen nach dem Umbau unüblicherweise auf der Epistelseite Platz. (Früher war diese rechte Seite den Männern vorbehalten). Diese Kirche war auch akustisch sehr schön, was bei einem spontan gesungenen Chorstück zur Geltung kam. Ganz in der Nähe lag auch der Galgenhügel, auf dem im Mittelalter männliche Delinquenten gehängt wurden. Heute steht dort eine Heiligennische.
Unser Chauffeur Toni führte uns sicher weiter nach Vrin. Auch hier besuchten wir die Kirche. Vrin erhielt 1998 den Wakkerpreis, weil sie früher das Bauland der Spekulation entzogen, eine Metzgerei, öffentliches Telephon einrichteten, Ställe und Gebäude im hergebrachten Stil erbauten und damit ein schönes Dorfbild erhalten konnten.
Zum Abschluss kehrten wir im Restaurant La Posta ein. Dort erwartete uns zuerst ein reiches Fleisch- und Käseplättli und danach durften wir zum Dessert feinen Kuchen geniessen. Die Gastfreundschaft des Wirtes verdankten wir mit einem Song aus unserem aktuellen Gospelprogramm „Rise up, come on and get ready“. Manch ein Chormitglied ruhte sich danach auf der Heimreise im Bus aus und liess sich die vielen Eindrücke nochmals durch den Kopf gehen. So kamen wir auch flugs um 20.25 Uhr wieder in St. Georgen an. Ein grosser Dank geht an unseren Reiseleiter Martin, der zusammen mit Präsident Walter und mit Sängerin Marion diese Reise so grossartig vorbereitet und geleitet haben. Mit diesem Bericht verabschiedet sich der Chor in die Herbstferien, bedankt sich für Ihr Interesse und freut sich, wenn Sie auch Allerheiligen mit uns feiern.